Das bin ich

Gajeels Dämonen


Anime: Fairy Tail
Hauptcharaktere: Gajeel und Pantherlily
Disclaimer: Alles Hiro Mashima (Kodansha/Carlsen) nichts mir



Gajeels Dämonen



Schweißgebadet schreckt er auf und sitzt senkrecht in seinem Bett, seine Haare kleben ihm im Gesicht. Um ihn herum ist alles dunkel. Lediglich der blasse Mondschein fällt durch ein Fenster auf das andere Ende des Bettes und taucht den Raum in ein kühles, silbriges Licht. Dieser Traum. Immer dieser Traum. Diese Erinnerungen werden ihn wohl sein ganzes Leben lang verfolgen. Langsam steht er auf und sucht seinen Weg in Richtung Küche. Immer noch benommen von den Erinnerungen, die ihn diese Nacht wieder heimgesucht haben, nimmt er ein Glas aus dem Schrank und schenkt sich Wasser ein. Er bemerkt erst wie sehr er zittert, als dieses zu Boden fällt und in kleine Stücke zerspringt. Langsam zieht sich die Flüssigkeit über die Dielen, benetzt die kleinen silbernen Splitter, welche im faden Licht kurz aufblitzten.
“Scheiße!“
Fluchend schlägt er mit geballter Faust auf den Tisch, streicht sich mit der anderen Hand fahrig über das Gesicht und geht wieder zum Küchenschrank. Die Scherben ignorierend, greift er diesmal zur Sakeflasche und nimmt diese mit in sein Zimmer. Er kann nicht ahnen, dass ihn zwei Augen dabei beobachten.




Am nächsten Morgen sitzt Gajeel wie gewöhnlich an seinem Tisch, in der hintersten Ecke der Gilde, weit weg vom Geschehen, aber noch nah genug, um einen Überblick über den Schankraum zu haben. Lily beobachtet wie Gajeels Augen aufmerksam durch die Gegend schweifen, vermutlich  auf der Suche nach einer gewissen blauhaarigen Magierin. Als er diese zwischen Lucy, der jungen Stellargeistmagierin und Cana, die als schlimmste Trinkerin der Gilde wie immer einen gefüllten Krug in der Hand hat, erblickt, scheint sich seine Haltung etwas zu versteifen. Schüchtern winkt sie dem Eisendragonslayer und dem Exceed zu, bevor sie sich wieder ihren Freundinnen zuwendet. Gajeel schnaubt. Über diese Tatsache verwundert, mustert Lily seinen gesprächsunfähigen Partner und folgt dessen Blick abermals zu der zierlichen Frau. Es ist wie jeden Morgen. Lily entfährt ein kaum hörbares Stöhnen, immer das Selbe mit diesem sturen Eisenschädel. Unsicher rollt der Kater die Kiwi in den Pfoten hin und her, die er heute früh von Mirajane zugesteckt bekommen hatte. Nun schielt er abermals vorsichtig von der Seite zu seinem Partner herüber. Sein Freund sah wirklich furchtbar aus. Die Haare standen ihm noch mehr zu Berge als sonst und unter seinen Augen waren tiefe, schwarze Furchen. Lily macht sich Sorgen, aber ihm war klar, dass er aus dem dickköpfigen Eisendrachen kein Wort heraus bekommen würde. Seufzend und kopfschüttelnd widmet sich der Exceed wieder seiner Kiwi.



„Du wirst mir nicht sagen was mit dir los ist?“
Es ist mehr eine Feststellung als eine Frage, doch der Exeed macht sich wirklich Sorgen um seinen Partner und auf dem Heimweg von der Gilde kann er diese Frage einfach nicht mehr zurückhalten.
„Tch“
Mehr hat Lily auch nicht erwartet. Sturer Eisenschädel.



Gajeel liegt wach im Bett. Ihm graut es vor dem Einschlafen. In den letzten Nächten haben ihm seine Albträume alles abverlangt. Wie konnte sie ihm das nur verzeihen? Er setzt die Sakeflasche erneut an und leert den Rest mit einem Schluck. Ich bin ein Monster.

Scheppernd geht die Flasche neben ihm zu Boden.

Das sieht er so, dass sehen Jet und Droy so und Pantherlily würde ihn ebenso verachten, wenn er die genauen Umstände seiner Vergangenheit mit Fairy Tail kennen würde. Keine Frage, er selbst hatte dem Exceed von Phantom Lord erzählt. Doch das mit Levy? Dieser blauhaarige Unschuldsengel, warum verdammt noch mal, will sie das nicht sehen, warum läuft sie nicht vor ihm weg? Warum zur Hölle sucht sie sogar seine Nähe? Es ist ja nicht so, dass ihm auf Tenroujima das Herz im „Iron“ nicht aufgefallen war, genauso wenig war es ihm entgangen, wieviel Sorgen sich die zierliche Scriptmagierin um ihn gemacht hatte, aber sie sollte es nicht tun. Nicht sie. Sie sollte ihn hassen. Ihn bestrafen mit ihrem Hass. Er wollte leiden, durch sie, das hätte er verdient!

Die letzten Nächte waren sehr anstrengend und auch der Alkohol beginnt langsam zu wirken, Gajeel ist müde. Leise fluchend fällt er in einen unruhigen Schlaf.
Er sieht sich selbst. Und er sieht sie. Er sieht, wie er auf sie und ihre Freunde herabstürzt. Jet und Droy stellen sich ihm mutig in den Weg. Sie waren schwach und sie sind es auch heute noch, aber sie wollten Levy beschützen. Gajeel schreit sein Ich an. Dieses Monster, das seine Kameraden mit unheimlicher Schnelligkeit und einem brutalen, aggressiven Ausdruck im Gesicht angreift. Doch es reagiert nicht. Der Dragonslayer ist wieder der Beobachter einer Szene, die er gerne vergessen würde. Er würde alles tun um dieses Verbrechen ungeschehen zu machen.
Mit seinem Rammbock trifft er Jet am Kopf und schleudert ihn gegen eine nahgelegene Wand. Er sieht wie Blut aus der entstandenen Wunde quellt. Droy trifft er in den Bauch und auch dieser prallt unsanft gegen eine Mauer, bevor er zu Boden geht. Er hustet, spuckt Blut und bewegt sich nicht mehr. Es war so einfach gewesen die Beiden auszuschalten. Sie hatten ihm nichts entgegenzusetzten. Levys schockgeweitete Augen, ihr verzerrtes Gesicht und ihr Aufschrei konnten das Monster damals nicht aufhalten.
Gajeels Herz war dabei zu zerspringen. Er hatte einen Kloß im Hals und wollte schreien. Sich entschuldigen, den Beiden aufhelfen, nur um dieses Gesicht wieder fröhlich zu sehen und nicht so. Er sieht mit an, wie sie zitternd neben ihren Freunden zusammenbricht, wimmernd die Namen der Beiden rufend. Sein Körper erschaudert, als ihn eine Welle von Schuld und Schrecken erfasst. Sie beugt sich zu ihnen, um zu prüfen, ob sie noch leben und dann…

Gajeel versucht erneut die Augen zu schließen.

… sein Rammbock trifft die zierliche Blauhaarige in den Magen und schleudert sie gegen eine Wand. Levy ringt nach Luft und spuckt Blut. Gajeel schreit, schreit sich die Seele aus dem Leib, will sein eigenes Ich aufhalten, doch um ihn herum bleibt alles stumm. Niemand kann ihn hören, niemand kann ihn sehen. Das Monster packt Levy am Hals und schüttelt sie. Gajeel muss hilflos miterleben, wie sehr sie gegen ihre Ohnmacht und ihre Tränen ankämpft,  sein Herz schlägt ihm bis zum Hals und sein Körper versteift sich immer mehr.
„Hör auf!!!“
Er schreit sich selbst an, ballt seine Hände zu Fäusten, doch es hat keine Wirkung, entsetzt und machtlos beobachtet er, wie Levy durch die Wucht des Schlages, des nun zu Eisen gewordenen  Monsters durch die Luft fliegt, wonach erneut ein harter Zusammenprall mit dem steinernen Gemäuer folgt.

Sein Herzschlag setzt aus, um ihn herum wird alles schwarz, aber er ahnt was ihm gleich noch vor Augen geführt werden wird und er würde alles dafür geben, diesen Augen, diesen Blick nie wieder gegenüberstehen zu müssen. Er weiß, dass sie leidet und am liebsten hätte er mit ihr getauscht, die Qualen für sie erlebt, nur um sie in Sicherheit zu wissen. Doch in seiner Erinnerung ist er der Böse. Sie erträgt die Schmerzen nicht wegen eines beliebigen Monsters, sondern wegen ihm. Dem Eisendragonslayer Gajeel Redfox.

Plötzlich steht er wieder auf dieser Lichtung im Park, vor diesem alten Baum. Erstarrt beobachtet er sich selbst dabei, wie er Jet und Droy an den Baum heftet. Die zierliche Scriptmagierin liegt ihm zu Füßen, immer noch bewusstlos. Als sie sich regt, macht sein Herz einen Satz, nur um sofort danach wieder zu zerspringen. Jeder Muskel seines Körpers ist zum Zerbärsten angespannt.
Bitte Levy, bleib einfach bewusstlos, dann sind deine Qualen hier wenigstens vorbei.
Er hatte damals gar nicht vor, sie noch mehr zu verletzen, aber als sie sich regte und plötzlich wach am Baum hing, konnte er nicht anders. Immerhin hatte sie etwas, was er nie besitzen würde. Dies dachte er zu diesem Zeitpunkt jedenfalls. Heute hasste er sich dafür, denn er hat gelernt, dass auch er Freunde, sogar eine Familie haben kann, wenn er es nur zulässt. Wenn er könnte, würde er sterben, um für diese Schuld zu büßen, aber dann wäre niemand mehr da, um sie zu beschützen. Niemand würde ihr dann Sicherheit bieten können, vor Menschen und vor Monstern wie ihm.

Während das Monster sich mit dem Schwert an Levys Taille zu schaffen macht, versucht Gajeel krampfhaft wieder aufzuwachen. Er will das nicht mehr mit ansehen müssen.

„Scheiße!“ Vom vielen schreien ist seine Stimme ganz heiser geworden.
Schweißgebadet sitzt er wieder in seinem Bett. Fahrig streicht er sich einige Haarsträhnen aus dem Gesicht, als er eine Bewegung am Ende seiner Decke ausmacht.
„Gajeel“
Es ist sein Partner Lily. Mit verschränkten Armen sitzt der Exceed auf dem Bettende, seinen Gegenüber streng musternd.
„Rede!“
Sein Tonfall war eindringlich und fordernd. Gajeel weiß, dass er ihn heute nicht abschütteln kann. Lily wird heute stur bleiben. Er wird ihm von seiner Vergangenheit erzählen müssen und wahrscheinlich wird er dann seinen einzigen Freund verlieren.
Er hat es nicht anders verdient.




Lilys Augen weiten sich. Damals, er war grade erst zur Gilde gekommen, hatte Gajeel schon so rumgedruckst und ihm nur wenig über seine Vergangenheit bei Phantom Lord erzählt. Lily wusste, dass sein Partner der Gilde anfangs als Feind gegenüberstand, er wusste auch, dass Gajeel die Gilde zerstörte und selbst dass Gajeel  es war, der Lucy damals entführte hatte. So hat der Dragonslayer es ihm jedenfalls erzählt. Doch schon da hatte ihm sein Gefühl gesagt, dass Gajeel ihm ein paar Details über diesen Krieg verheimlichte. Allerdings hätte er nie mit dem gerechnet, was er nun zu hören bekam, es war Jenseits seiner Vorstellungskraft. Gajeel hatte Levy verletzt, gequält und schwer verwundet. Die zierliche, blauhaarige Magierin? Ungläubig schüttelt Lily den Kopf.

„Wenn du jetzt nicht mehr mit mir zusammenarbeiten möchtest, dann kann ich das verstehen“
Lily starrt seinen Partner an, unfähig etwas zu sagen. Der große, stolze Eisendragonslayer sitzt mit hängendem Kopf auf seiner Bettkannte. Er wirkt ganz unscheinbar, blass. Lily kommt er regelrecht zerbrechlich vor. Gajeel hebt den Kopf und seine Augen starr auf Lily gerichtet. Er sieht unendlich traurig aus, sein Blick voller Leid und Schuld. Der Exceed glaubt sogar, Tränen in ihnen zu erkennen.
„Mach dich nicht fertig.“ Lily seufzt. „Levy ist nicht nachtragend, sie hat dir bereits vor längerer Zeit vergeben, ebenso Jet und Droy. Du hast der Gilde schon oft zur Seite gestanden.  Jetzt schlaf, morgen müssen wir endlich wieder auf Mission gehen, sonst werde ich noch bei lebendigem Leib verhungern.“ Lily dreht seinem Partner den Rücken zu, atmet noch einmal tief durch und fliegt nahezu geräuschlos aus dem Raum. Er hat schon oft gesehen, wie sehr sich Gajeel darum bemüht, seine Schuld zu begleichen und nicht nur einmal hat ihm Levy davon erzählt, wie er sich vor sie geworfen hat, um sie zu schützen. Lily weiß das hinter der rauen Schale des Eisendrachen ein weicher Kern steckt und er ist sich ebenso im Klaren darüber, dass eben dieser Drache Gefühle für die zarte Scriptmagierin hat. Seit heute ist ihm aber auch bewusst, warum Gajeel sich nicht traut, er es sich regelrecht verbietet, ihr diese zu gestehen. Bleibt wohl alles an ihr hängen, denkt der Exceed und erinnert sich an ein Gespräch mit Levy.

Damals saßen die beiden alleine an einem Tisch in der Gilde. Bis heute war Lily sich der Tragweite dieses Satzes nicht bewusst, doch nach dem letzten Gespräch mit Gajeel dämmert ihm langsam, was sie gemeint haben könnte „Weißt du Lily, ich glaube ab jetzt ist es an mir, Gajeel zu schützen. Er hat mir schon so oft bewiesen, dass er die Taten von damals bereut.

Ich werde ihn von seinen Dämonen befreien.“

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